Theatergemeinde
München

Thea fragt

Kultur und Mut

Brauchen Künstler*innen Courage? Wann wird ihr Mut belohnt? Thea fragt Kulturschaffende nach beherztem Handeln.


Stefanie Beckmann

Die Diplom-Kulturwissenschaftlerin, Dramaturgin und Systemischer Coach begleitet Kulturmenschen in Veränderungsprozessen

Stefanie Beckmann / Foto: Mark Mattingly

Wann braucht man in der Kultur Courage?
Bei der Wahl der Inhalte, der Entwicklung einer Ästhetik sowie in Interaktion mit Rezipierenden mutig zu sein, ist Teil einer Verabredung über künstlerisches Schaffen, die zugleich einen gewissen Schutzraum gibt. Im Coaching mit Kulturschaffenden erlebe ich daher eine größere Herausforderung, wenn Courage erforderlich ist, die eigenen Handlungsspielräume zu nutzen und gute Gespräche zu führen, wie Zusammenarbeit besser gelingen kann.

Was unterstützt Sie bei beherztem Handeln?
Ich frage mich: Warum will ich das tun? Wem nutzt es? Wer will noch, dass ich das tue? Wem würde ich möglicherweise schaden? Beherztes Handeln ist jedoch oft situativ gefragt und da vertraue ich meiner Intuition oder inneren Kompass, den ich über die Zeit ausgebildet habe.


Florian Ganslmeier

Geschäftsführer und Mitglied der künstlerischen Leitung des Münchener Kammerorchesters (MKO)

Foto: Bartek Barczyk

Wann braucht man in der Kunst Courage?
Über Courage in der Kunst zu sprechen fällt angesichts der Ereignisse nicht leicht – wirklich mutig ist, wenn der russische Pianist Alexei Lubimov in Moskau Stücke des ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov aufführt, mitten im Krieg und unter den Augen des Regimes. Aber eigentlich sind Mut, Wagnis, Risiko auch im „Normalfall“ unverzichtbare Bestandteile jedes wirklich gelungenen Konzerterlebnisses, jeder uns berührenden Interpretation. Also etwas, was von Musikerinnen und Musikern immer erwartet wird und ohne das musikalische „Sternstunden“ nicht möglich wären.

Was unterstützt Sie bei beherztem Handeln?
Der Zuspruch und die Anerkennung unseres Publikums, das in den Jahren vor der Pandemie immer weiter gewachsen ist und uns auch in den letzten zwei Jahren bestärkt und unterstützt hat. Es ist wunderbar zu sehen, wie sich die Konzertbesucherinnen und -besucher mit großer Neugier auf unsere Programme einlassen.

MKO & Jazzrausch Big Band am Fr, 15.7. und weitere Thea Community Events

MKO & Double Drums am Sa, 16.7. und weitere Thea Familienveranstaltungen


Florian Ulrich Sollfrank

Der Tänzer ist seit 2018 festes Ensemblemitglied des Bayerischen Staatsballetts

Foto: Susanne Schramke

In welcher Situation waren Sie zuletzt mutig?

Bühnentanz hat wie andere darstellende Künste den grundlegenden Charakter der Vergänglichkeit, jede Vorstellung ist einmalig und einzigartig. Als Tänzer bekommt man demnach nur eine Chance, seinem Publikum den gewünschten Eindruck zu vermitteln. Sobald der Vorhang aufgeht, gibt es kein Zurück und keine Möglichkeit nachzubessern, deshalb trainieren wir häufig viele Wochen für eine einzige Vorstellung. Ab und zu geschieht jedoch das Unvorhergesehene und ein Tänzer fällt kurzfristig aus. So erging es mir kürzlich während der Ballettfestwoche, ich erhielt einen Anruf eine Stunde vor Beginn der Vorstellung, ein Tänzer fühle sich schlecht und ich sollte kurzfristig für ihn einspringen. Diese Rolle war mir unbekannt, jedoch kannte ich das Stück. So fuhr ich direkt ins Nationaltheater, legte das Kostüm an und nach einer kurzen Besprechung zur Platzierung ging der Vorhang auf und ich tanzte ein 20-minütiges modernes Stück, ohne es zuvor noch mal geprobt zu haben. Alles lief gut und der Applaus der 2000 Zuschauer*innen am Ende war wirklich eine Erleichterung und Freude.

Aktuell verfügbare Ballettaufführungen im Nationaltheater


Daniela Kranz

Leitung „Resi für alle“ und Regisseurin am Residenztheater:

Foto: Sandra Then

Was unterstützt Sie bei beherztem Handeln?
Im besten Fall der Glaube daran das Richtige und Schönste zu tun. In meiner Arbeit bin ich ja nie allein, sondern mit einem Team und einem Ensemble im Austausch. Wir handeln also zusammen.

In welcher Situation waren Sie zuletzt mutig?
Ich kann mich daran nicht erinnern. Ein flüchtiges Gefühl. Das berühmte „Lampenfieber“ vor einer Vorstellung ist wie eine Schwelle. Die Körpertemperatur steigt und das Adrenalin im Körper auch, eine innere Stimme sagt „jetzt, gleich musst du mutig sein.“ Kaum ist der Punkt überwunden, ist doch alles wieder vergessen.

Wer inspiriert Sie mit ihrem*seinem Mut?
Die jungen Spieler*innen, die in meinen Produktionen auf der Bühne stehen, die finde ich mutig. Sie inspirieren mich in ihrem Blick auf die Welt, auf ihre Direktheit im Umgang miteinander und ihrem Mut, Dinge zu probieren.

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