Theatergemeinde
München

Thea fragt

Kultur und Gefühle

Was bewegt Kulturschaffende? Welche Gefühlen treiben sie um? Thea fragt nach.


Anna Donderer

Sie ist künstlerische Produktionsleitung, Kuratorin und Dramaturgin im Rat & Tat Kulturbüro und hat das Theaterbüro München als Beratungsstelle für die Freie Szene mitbegründet. Sie setzt sich für Vernetzung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen der freien darstellenden Künstler*innen ein.

Foto: Jean-Marc Turmes

Mit welchem Gefühl schauen Sie auf die aktuelle Situation der Freien Szene?

Mit Vorfreude und Neugier! Es gibt Hochs und Tiefs, weil Arbeitsstrukturen immer wieder neu geschaffen werden müssen. Aber es überwiegt die Vorfreude, denn man weiß nie, welche wilden verrückten Sachen entstehen. Vorfreude auch darauf, mit vielen Menschen an ungewöhnlichen Orten inspirierende Theatersituationen zu erleben.

Wem in der Kultur würden Sie eine Liebeserklärung machen?

Dem Teamgeist!

Mehr zur Freien Szene München


Mareike Fallwickl

Die Wut, die bleibt, der aktuelle Roman der österreichischen Autorin wird im August bei den Salzburger Festspielen als Uraufführung zu sehen sein.

Foto: Gyöngyi Tasi

Wie gehen Sie mit Ärger oder Wut um?

Das kommt darauf an, wessen Wut es ist. Wir versperren Mädchen und Frauen den Zugang zu dieser Emotion durch Sozialisierung, die weibliche Wut wird seit Jahrhunderten dämonisiert, pathologisiert und sexualisiert. Frauen sagen dann sowas wie „Ich bin nicht wütend, ich bin enttäuscht“, weil das ein Gefühl ist, das ihnen gestattet ist. Meine eigene Wut ist eher eine Stellvertreterwut. Ich habe als weiße cis Frau mit Zugang zu Bildung Privilegien, die andere Frauen nicht haben. Das hindert mich aber nicht daran, die strukturellen Ungerechtigkeiten zu erkennen, sie aufzuzeigen und für meine Schwestern zu kämpfen.

Thea hat (bald) Tickets! Fr 25. August, Die Wut, die bleibt.
Tagesausflug zu den Salzburger Festspielen


Jessica Glause

An den Kammerspielen sind aktuell zwei Stücke der Regisseurin zu sehen: Anti War Women und Bayerische Suffragetten. Außerdem arbeitete sie in München bereits am Volkstheater und der Bayerischen Staatsoper.

Foto: Gerald von Foris

Wie stark beeinflussen Sie die Reaktionen des Publikums?

Mir ist die Reaktion des Publikums sehr wichtig, denn für sie machen wir Theater. Und am liebsten sind mir starke Reaktionen, egal ob Applaus oder Empörung. Theater soll im Idealfall Gefühle hervorrufen und die Menschen nicht kalt lassen.

Welches Kulturereignis hat Sie überwältigt?

Die Eröffnung des diesjährigen Brechtfestivals in Augsburg. Eine Parade durch die Stadt mit so vielen verschiedenen Initiativen, Gruppen und Künstlerinnen, die sich danach zu einer Geburtstagsfeier für Bert Brecht in der alevitischen Gemeinde zu Musik, Diskurs und Feier treffen. So eine eigene und ungewöhnliche Kulturveranstaltung habe ich noch nicht erlebt.

Infos und Termine zu Anti War Women


Richard Siegal

Choreograf und Künstlerischer Leiter des Ballet of Difference am Schauspiel Köln. Zwei seiner Ballettabende sind nun im Rahmen des Dance Festivals in München zu sehen.

Foto: Ana Lukenda

Wie emotional ist die Zusammenarbeit mit Ihrer Kompagnie?

Emotionen spielen in unserer Arbeit als Ballettkompanie eine so starke Rolle, dass ich oft dachte, dass ich meinen Job als Choreograf und künstlerischer Leiter am besten als emotionales Management beschreiben würde. Als Sohn eines Malers und eines Sozialarbeiters sage ich gerne scherzhaft, Choreograf zu werden war die logische Wahl! Daran ist etwas Wahres. Es ist aufregend (und manchmal anstrengend). Es ist auch eines der Dinge, die meine Arbeit jeden Tag neu und interessant machen und mich Jahr für Jahr darin halten. Es ist nicht nur eine Arbeit, die ich mit den Menschen mache, mit denen ich zusammenarbeite, es ist auch eine Arbeit, die ich an mir selbst mache. Ich nehme an, es ist in keinem komplexen sozialen Unternehmen anders.

Wohin mit der Emotion?

Gruppendynamik ist alles.

Dance Festival 2023 bei Thea:
Triple, Fr 19. Mai, 20 Uhr
Xerrox Vol. 2, Sa 20. Mai, 20 Uhr