Horváths melancholisch schillerndes Wiesn-Kaleidoskop, neu inszeniert von Barbara Frey
Ödön von Horváth Oktoberfest-Volksstück als Karussell der verlorenen Hoffnungen: Das Oktoberfest als willkommene Ablenkung in Zeiten der Krise – so setzt Ödön van Horváth das Anfang der 1930er-Jahre in Szene. Doch der lange Schatten der Wirtschaftskrise macht vor dem rauschenden Volksfest und dem Liebespaar Kasimir und Karoline nicht halt.
Thea-Redakteurin Simone Lutz hat für uns das Stück besucht:
Alles dreht sich in Barbara Freys Inszenierung: Die Bühne mit den riesigen Maßkrügen Die Menschen, die manchmal wie Figuren einer Spieluhr erscheinen. Und natürlich die Männer um Karoline. Der Kopf sowieso, denn im Laufe des Abends steigt der Alkoholkonsum. Klar: Oktoberfest.
Horváth hat in diese Rummelplatzatmosphäre sein Liebespaar gesetzt und lässt es sich abarbeiten - aneinander, vor allem aber an den Gegebenheiten. Es ist kalt und dunkel auf der Bühne, so kalt, wie in der Welt. Und da der Mensch und die Liebe auch bloß Ware sind, probt Karoline (Anna Drexler) den gesellschaftlichen Aufstieg: Vom Arbeitslosen, zum Angestellten (Thomas Lettow), zum Kommerzienrat (Oliver Stokowski). Kasimir versucht derweil nicht auf die schiefe Bahn zu geraten, auf der sein Freund Franz sich längst befindet. Max Rothbart spielt den schmächtigen Ganoven als einen, der die Verhältnisse verstanden hat: Anständig sein ist für die Katz. Die einzige Möglichkeit voranzukommen ist, die Großkopferten zu bestehlen. Als er verhaftet wird, sitzen seine Erna (Juliane Köhler) und Kasimir (Simon Zagermann) da und hinter ihnen leuchtet der Bierkrug wie der Mond. Es ist die berührendste Szene des Abends. Er, der breite, große, empfindsame Mann. Sie, die ziemlich taffe Frau, die sich in all dem ihr Menschsein bewahrt hat. Ansonsten scheint Frey sich Horvaths Gebrauchsanweisung – „die Stücke (müssen) stilisiert gespielt werden. Naturalismus und Realismus bringen sie um“ – fast zu sehr zu Herzen genommen haben. Die Figuren bleiben so fern, wir der leise-melancholische Theatersound aus Volksliedern und Festgeräuschen.
Residenztheater
Max-Joseph-Platz 1
80539 München
Ohne Pause
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